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Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 10.11.2021, Az. 2 Ws 261/21 unter anderem festgestellt, dass die dortig wegen Betäubungsmittelhandels und organisierten Kraftfahrzeugdiebstahls Angeklagten den Schutz des Art. 10 GG (Fernmeldegeheimnis) bewusst zur Begehung von schweren Straftaten missbraucht hätten und insbesondere nicht zu erwarten war, dass mit der Überwachung schutzbedürftige sensible Daten gesammelt werden würden, da die verwendeten Endgeräte für konventionelle Kommunikation keine Möglichkeit böten. Die Erhebung der Beweise war daher zulässig. Aus der fehlenden Beachtung der Rechtsvorschriften der RL-EEA durch französische Behörden ergebe sich zudem kein Beweisverwertungsverbot in deutschen Strafverfahren.

Die Telefone seien auf einer frei zugänglichen Internetseite mit folgenden Produktmerkmalen beworben wurden: „Garantie der Anonymität, personalisierte Android Plattform, doppeltes Betriebssystem, allerneueste Technik, automatische Löschung von Nachrichten, schnelles Löschen, Unantastbarkeit, Kryptografie-Hardwaremodul“. Folgende Anwendungen waren auf dieser Art von Telefonen verfügbar: „EncroChat (lnstant-Secure Messaging Kunde), EncroTalk (Chiffrierung der Sprachkonversationen auf IP), EncroNotes (Chiffrierung der lokal auf dem Gerät gespeicherten Notizen)“. Ein Erwerb solcher Endgeräte war jedoch nicht über die offizielle Webseite dieses Unternehmens möglich.

Das Gericht führte aus:

„a) Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Zugriffs auf die Endgeräte ist dabei im Blick zu behalten, dass sich die Ermittlungen jedenfalls auch gegen die Vertreiber der Endgeräte richteten. Danach findet der Zugriff auf die von den Angeklagten genutzten Endgeräte und die darauf gespeicherten Daten seine Grundlage jedenfalls in § 100b StPO. Auf der Grundlage der zu Vertrieb und Nutzung der mit der EncroChat-Software versehenen Endgeräte bekannt gewordenen Besonderheiten – konspirativer Vertrieb hochpreisiger mit Verschlüsselungstechnik versehener Endgeräte, die für eine konventionelle Nutzung nicht eingesetzt werden können – bestand der Anfangsverdacht gegen die Vertreiber der Geräte, damit bewusst die Begehung schwerer Straftaten der organisierten Kriminalität, die zum Katalog der in § 100b Abs. 2 StPO aufgeführten Taten gehören, zu unterstützen (vgl. KG a.a.O., Rn. 48 bei juris). Der Zugriff auf die Endgeräte war dabei gemäß § 100b Abs. 3 Nr. 2 StPO zulässig, weil direkte Ermittlungsmaßnahmen gegen die namentlich nicht bekannten Vertreiber nicht möglich waren und deshalb nur der Zugriff auf die mit den vertriebenen Endgeräten geführte Kommunikation weiteren Aufschluss über die Verwendung für die Begehung strafbarer, dem Katalog des [ref=1a5e14d5-b109-49c6-91a1-e78f834e4c00]§ 100b Abs. 2 StPO[/ref] unterfallender Handlungen erwarten ließ. Allein der Zugriff auf den Server, über den die Kommunikation geleitet wurde, erlaubte wegen der vorherigen Verschlüsselung bereits auf dem Endgerät keinen Zugriff auf die Kommunikationsinhalte.

  1. b) Die Auswertung der auf den Endgeräten gespeicherten Kommunikationsinhalte, die die Beteiligung der Angeklagten an Betäubungsmittelstraftaten gemäß § 29a Nr. 2 BtMG und damit einer Katalogtat gemäß § 100a Abs. 2 Nr. 7 lit. b StPO belegten, hätten sodann auch nach deutschem Recht die Überwachung der laufenden Kommunikation gemäß § 100a Abs. 1 StPO gerechtfertigt, nachdem wegen des im Übrigen konspirativen Vorgehens der Beteiligten andere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprachen.“

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Rechtsanwältin Anne Sulmann